Hallo!
Es gibt natürlich schönere Arten einen Sonntagmittag zu verbringen, aber diese Diskussion ist interessanter als der Presseclub, denn hier geht es um eine Marktentwicklung, die sich nur noch selbst feiert. Zunächst wurde bereits in der Vergangenheit mit dem Begriff der Professionalität sehr großzügig umgegangen. Sowohl im Hardware als auch Softwarebereich. Ob Kamera, Stativ, Bildschirm, Programme oder Zubehör etc. Was professionell ist oder sein kann, entscheidet nicht der Anbieter oder Hersteller sondern die Kunden bestimmen das. So kann auch jemand mit High End Broadcast Equipment ein Ergebnis erzielen, das niemand als professionelles Ergebnis bewerten würde, wenn der Anspruch an Professionalität aufgrund eines Einsatzes und eines Zieles nicht ersichtlich wäre. Und genauso gut kann ein Produzent auf einem Low Power Level operieren und mit Low Budget Werkzeugen ein professionelles Ergebnis erzielen, was selbst die Fachwelt in Erstaunen versetzt. Das zeigte der damalige Erfolg des Films Blair Witch Project, eine DV-Produktion, die im Kino ordentlich Kasse machte, während die Millionen Budget Filme niemand mehr sehen wollte - trotz des Aufwandes und den Einsatz von High End Equipment.
Ergo:
Professionalität ist nur abhängig von dem Ergebnis und lediglich ein Begriff, der für Hersteller und Anbieter wichtig sein mag, um sich gegenüber Mitbewerbern in Position zu bringen, aber völlig unwesentlich in Bezug auf Wirkung oder Erfolg.
Ich habe unlängst mit Sony Vegas gearbeitet, im Studium (1999) am AVID Media Composer und selbst bei Verwandten mit so genannten Small Office Home Lösungen von Magic und Ulead „gespielt“ und stellte immer wieder fest, das alle Werkzeuge genügend Optionen mitbringen, um damit zum Ziel zu gelangen. Natürlich war stets ein Umdenken erforderlich, weil bei einigen Programmen die Funktionen direkt und bei anderen Programmen die Funktionen über Umwege zu erreichen waren, aber in keiner Sekunde hätte ich es gewagt zu behaupten, das der Media Composer im Gegensatz zu Vegas „professioneller“ wäre. Das kann nur jemand für sich selbst in Anspruch nehmen, der davor sitzt und entweder mit dem Ergebnis seiner Tätigkeit Geld verdient oder damit die Freizeit füllt.
Ins Absurde führt die Bezeichnung „professionelles Equipment“ mit Rückblick auf das Zeitalter des Commodore Amiga. Als Homecomputer positioniert wurden Zubehörteile (z. B. das Genlock-Gerät) für den Amiga entwickelt und schon sprachen vereinzelte Hersteller von einem „professionellen Computer für die Videobearbeitung“. Lange ist es her. Dabei war es immer noch der gleiche Homecomputer, mit dem die Kids spielten, der lediglich um eine Funktion ergänzt wurde. Dann gab es den „Broadcast Titler“, einen Schriftgenerator als Software für den Amiga, der in vielen US-Produktionen (Nachrichtensendungen), zum Einsatz kam und unaufhaltsam die analogen Trickmischer ersetzten, die ebenfalls „professionelles Studioequipment“ waren – aber weitaus teuerer als eben jene Software. Das spaltete den Markt und der Consumerbereich wurde bedient, weil selbst Grass Valley erkennen musste, das die Schaltpulte mit den einprogrammierten Effekten auf Dauer keine Überlebenschance in Videostudios haben. Nur bei Sendern. Und mit der Verlagerung der Produkte und ihrer Einsatzmöglichkeiten verlagerte sich auch der Begriff der „Professionalität“. Broadcastfähig war schon der Amiga. Den gibt es heute für 12,50 Euro bei ebay und ein Genlock-Gerät für 25,00 Euro gleich mit dazu.
Also bitte, jedes Programm und jede Hardware hat seine Berechtigung weder unprofessionell noch professionell zu sein. Ich bevorzuge lieber die Begriffe günstig oder teuer und eingeschränkt im Funktionsumfang oder opulent im Funkionsumfang. Niemand würde eine DV-Cam als professionelles Aufnahme-Equipment bezeichnen, aber was man auf einigen Messen mit DV sehen und erleben kann, widerspricht in vielen Punkten den Angaben der Anbieter und Hersteller, das man mit Low Budget Zeug keine professionelle Produktion auf die Beine stellen kann. Natürlich geht das, denn Kreativität und Geduld sind Fähigkeiten, die sich einer Einteilung in Amateur, Semi-Pro oder Profi entziehen. Auf das Ergebnis kommt es an! Deshalb stockt bei vielen „Profi-Anbietern“ der Absatz ihrer Broadcast-Produkte für Studios, während sich die anderen Anbieter über den Massenverkauf ihrer Konsumer-Kameras erfreuen und jeden Anwender mit den Features begeistern. Zur IFA präsentiert ein Anbieter den kleinsten und leichtesten 3CCD-Full-HD-Camcorder (mit echten 1920 x 1080 Pixel) zum lächerlichen Preis von nur 999 Euro. Profi-Equipment? Nein! Hausmannskost, aber mit einem gewaltigen Potential an Möglichkeiten und zu geringsten Kosten.
Auch für Edius, wie für alle anderen Applikationen, gilt:
Wer sich als Anbieter nicht an der Leistungsfähigkeit und Ausstattung der Produkte orientiert, die sich bereits auf dem Markt befinden und keine Features bieten kann, um einen Platz ganz vorne einzunehmen, den muss als Kunde niemand daran erinnern, etwas zu ändern, denn das regelt der Markt durch das Käuferverhalten. Gekauft wird, was gefällt und was nicht gefällt wird auf kurz oder lang nicht mehr sein. Edius bietet sehr viel und es macht Spaß damit zu arbeiten, aber auch andere Lösungen bietet das und es wäre verkehrt, wenn sich Grass Valley nun ausruht, denn ist gibt noch viel zu tun, um noch mehr zu begeistern.
Was die DVStorm betrifft:
HDTV hat alles verändert und niemand kann einem Unternehmen vorhalten, zugunsten einer erfolgreichen Vergangenheit auf eine ebenso erfolgreiche Zukunft zu verzichten. Auch meine DVStorm hat sich längst bezahlt gemacht und verrichtet tadellos ihren Einsatz. Aber für eine HDTV-Produktion muss man ihr die wohl verdiente Ruhe gönnen, denn die Technik schreitet unaufhörlich voran. Die DVStorm ist eine der wenigen Karten in meinem System, die wirklich mitwachsen konnte und da hat Canopus nicht zu viel versprochen sondern Wort gehalten. Immerhin stand auch schon in der Werbung bei Apple zum Quadra 650 (1994) der Spruch: „Zukunftssichere Technologie“, aber das hatte kaum 12 Monate Gültigkeit. Meine DVStorm hat dagegen bereits mehr als 5 Jahre(!) die Zukunft mitgestaltet, die ich damals, beim Kauf, noch nicht kannte. Das ist mehr, als man sich als Kunde wünschen sollte. Man muss auch mal lernen, los zu lassen, denn nicht nur von der Technik verlangen wir, dass sie sich weiter entwickelt, sondern auch der Mensch sollte das tun.
:schal:
Gruß
Andreas